Offener Stromkreis erklärt: Was er ist, wie er entsteht und wie man ihn erkennt & verhindert

Introductory visual showing the concept of an open circuit, with labeled text and a glowing bulb disconnected from a battery via broken wires, set against a dark blue background.
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Table of Contents

Was ist ein offener Stromkreis? (Definition & Grundlagen)

Ein offener Stromkreis ist ein elektrischer Stromkreis, bei dem der Strompfad unterbrochen ist – dadurch kann kein Strom fließen. Selbst wenn eine Spannungsquelle angeschlossen ist, fließt ohne geschlossenen Stromkreis (alle Verbindungen vollständig und durchgängig) kein Strom.

Einfache Definition des offenen Stromkreises

Ein offener Stromkreis liegt vor, wenn ein oder mehrere Bauteile im Stromkreis getrennt sind. Ergebnis: kein Stromfluss, obwohl Spannung vorhanden ist.

Offener vs. geschlossener Stromkreis: Wo liegt der Unterschied?

Zur Verdeutlichung der offenen Stromkreise der Vergleich mit geschlossenen:

MerkmalOffener StromkreisGeschlossener Stromkreis
KontinuitätUnterbrochenVollständig / verbunden
Stromfluss🚫 Kein Strom✅ Kontinuierlicher Stromfluss
BeispielLichtschalter auf AusLichtschalter auf Ein
WiderstandGeht gegen unendlichDurch die Bauteile begrenzt
SpannungsmessungSpannung kann an den offenen Klemmen anliegenSpannungsabfall über den Bauteilen

Beispiel: Einfache Batterie-Lampe-Schaltung

Stellen Sie sich eine Batterie vor, die mit einer Lampe verbunden ist:

  • Im geschlossenen Stromkreis verbindet der Draht Batterie und Lampe zu einer Schleife – die Lampe leuchtet.
  • Im offenen Stromkreis fehlt irgendwo ein Drahtstück oder der Schalter steht auf Aus – die Schleife ist unterbrochen, kein Strom fließt, die Lampe bleibt dunkel.
Side-by-side illustration of a closed circuit with current lighting a bulb and an open circuit where the break in the wire stops current flow.

Kann in einem offenen Stromkreis Spannung vorhanden sein?

Ja. An den offenen Punkten einer Schaltung kann weiterhin Spannung anliegen – aber ohne geschlossenen Pfad kein Strom. Deshalb zeigt ein Multimeter in einem offenen Stromkreis oft eine Spannung an, obwohl „nichts funktioniert“.

Ein offener Stromkreis ist wie eine Brücke mit fehlendem Teil: Spannung (Potential) ist da, aber der Strom hat keinen Weg. Dieses Grundprinzip ist zentral für Fehlersuche und zuverlässige Konstruktionen.

Was passiert im offenen Stromkreis? (Strom, Spannung, Widerstand)

Auch mit angeschlossener Spannungsquelle verhalten sich Strom, Spannung und Widerstand anders als im geschlossenen Stromkreis.

Strom im offenen Stromkreis: kein Fluss

In einem geschlossenen Kreis bewegen sich Elektronen im Kreis – Strom fließt. Im offenen Kreis ist die Schleife unterbrochen – Strom kann nicht fließen.

  • Strom (I) = 0 A

Egal wie hoch die Spannung ist: Ohne kompletten Pfad kein Strom. Das ist wie ein gebrochenes Wasserrohr: Druck (Spannung) vorhanden, aber kein Wasser (Strom).

Spannung im offenen Stromkreis: weiterhin messbar

Ein Multimeter zeigt oft die volle Spannung über einem offenen Schalter oder einem abgezogenen Leiter an – denn ein Potentialunterschied zwischen zwei Punkten kann bestehen, ohne dass Ladung fließt.

Kernaussage: Spannung ist die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten; Strom fließt aber nur bei geschlossenem Pfad.

Widerstand im offenen Stromkreis: praktisch unendlich

In funktionierenden Schaltungen wird der Widerstand von Materialien und Bauteilen bestimmt. Im offenen Kreis gilt:

  • Der äquivalente Widerstand ist sehr hoch bzw. unendlich.
  • Kein leitender Pfad ⇒ kein Strom ⇒ das System verhält sich, als wäre der Widerstand unbegrenzt.

Praxisübersicht

  • Strom (I): 0 A — Multimeter-Strommessung zeigt „0“
  • Spannung (V): an der Unterbrechung vorhanden — z. B. 9 V über einem offenen Schalter
  • Widerstand (R): geht gegen unendlich — Multimeter zeigt oft „OL“ (Überbereich)

Reale Beispiele für offene Stromkreise

Offene Stromkreise können absichtlich (Design) oder unabsichtlich (Fehler) auftreten:

  • Lichtschalter auf Aus
    Absichtlich wird der Pfad getrennt – kein Strom, Licht aus.
    Hinweis: Auf einer Schalterseite kann weiterhin Spannung anliegen.
  • Beschädigtes Ladekabel
    Unabsichtlich durch gebrochenen/ausgefransten Leiter – Gerät lädt nicht.
    Am Netzteil kann Spannung messbar sein, aber kein Strom erreicht das Gerät.
  • Defekter Bremsen-Sensor im Auto
    Unterbrochener Sensorleiter oder gerissene Lötstelle ⇒ Warnleuchten, Funktionsausfall.
    Oft intermittierend, z. B. abhängig von Vibrationen.
  • Riss in einer Leiterbahn (PCB)
    Haarrisse oder unvollständige Lötstellen ⇒ Gerät startet nicht oder Funktionen fallen aus.
    Nachweis: Durchgangsprüfung, Flying-Probe-Test, Röntgen.
  • Störung in Industrieanlagen
    Offene Kontakte/Klemmen in Schaltschränken/Relais ⇒ Stillstand oder Fehlverhalten.
    Häufig: lose Klemmblöcke, korrodierte Kontakte.
  • Durchgebrannte Sicherung / ausgelöster Leitungsschutzschalter
    Absichtlich: Öffnen bei Gefahr (Überlast/Kurzschluss) zum Schutz vor Überhitzung.
    Hinweis: Zeigt an, dass zuvor eine Überlast/Kurzschluss auftrat.

Kurzüberblick:

  • Lichtschalter Aus → Absicht → Strom gestoppt
  • Defektes Handykabel → Fehler → kein Laden
  • Bremsen-Sensor-Ausfall → Fehler → Warnung/Funktionsverlust
  • PCB-Löt-/Leiterbahn-Riss → Fehler → Ausfall/Intermittieren
  • Sicherung durchgebrannt → Absicht → sichere Abschaltung
  • Lose Klemme in Maschine → Fehler → Stopp/Fehlerlauf

Wie entstehen offene Stromkreise? (Häufige Ursachen)

  • Gebrochene/ausgefranste Leitungen: Wärme, Biegung, Abrieb – typisch bei Netz-/Ladekabeln, Kopfhörern.
  • Lockere Verbindungen/Klemmen: lose Schraubklemmen, abgezogene Stecker, oxidierte Kontakte – oft intermittierend.
  • Gerissene Leiterbahnen (PCB): thermischer Stress, Verbiegen, schlechte Handhabung; Haarrisse schwer sichtbar.
  • Kalte/unvollständige Lötstellen: optisch „okay“, elektrisch schlecht – bei DIY, Massenfertigung, alternden Geräten häufig.
  • Sicherungen/Leitungsschutzschalter: bewusstes Öffnen bei Überstrom – Schutzfunktion.
  • Korrosion/Oxidation: Feuchte/chemische Umgebungen erhöhen den Widerstand bis zur Unterbrechung.

Offenen Stromkreis erkennen (Tools & Methoden)

Multimeter (Durchgangs-/Ohm-Messung):
Piepton oder ~0 Ω = geschlossen; kein Piepton und „OL“ = offen.
Tipp: Vor der Durchgangsprüfung spannungsfrei schalten.

A person testing an open circuit with a digital multimeter; the display shows “OL” indicating no continuity, while probes touch both ends of a broken wire.

Sichtprüfung:
Nach gebrochenen Leitern, abgezogenen Steckern, Brandspuren, rissigen Lötstellen suchen.

AOI – Automatische Optische Inspektion:
Hochauflösende Kameras vergleichen mit Referenz („Golden Board“) – finden fehlende/falsch platzierte Bauteile, kalte Lötstellen.

Flying-Probe-Test (FPT):
Bewegliche Sonden prüfen Testpunkte auf Kontinuität – ideal bei Prototypen/klein- bis mittelgroßen Serien, kein spezielles Fixture nötig.

In-Circuit-Test (ICT):
Nadelfeld-Fixture misst jede Netzverbindung schnell – deckt Opens, Shorts, falsche/fehlende Teile auf; hohe Abdeckung, automatische Reports.

Röntgeninspektion:
Erkennt versteckte Defekte (unter BGAs, in Multilayern): Löt-Voids, gebrochene Vias, interne Risse. Erfordert Erfahrung bei der Auswertung.

Fazit: Von einfacher Durchgangsprüfung bis zu AOI/Röntgen – die richtige Methode hängt von Anwendung, Equipment und Komplexität ab.

Offener vs. Kurzschluss: der komplette Vergleich

MerkmalOffener StromkreisKurzschluss
DefinitionUnterbrechung des Pfads; kein StromflussUnbeabsichtigter Pfad mit sehr geringem Widerstand
Stromfluss❌ Kein Strom⚠️ Sehr hoher, unkontrollierter Strom
WiderstandSehr hoch / unendlichNahe 0
SpannungLiegt über der „Lücke“ anFällt über der Kurzschlussstelle ab
RisikoMeist gering (Gerät funktioniert nicht)Hoch (Überhitzung, Feuer, Schäden)
Typische UrsachenKabelbruch, Schalter auf Aus, schlechte LötstelleFreiliegende Leiter, Isolationsfehler, Lötbrücke
NachweisMultimeter zeigt „OL“/unendlich OhmMultimeter ~0 Ω / Durchgangston
BeispielLichtschalter Aus, Sicherung ausgelöstEingeklemmte Leitung, Lötzinn-Brücke auf PCB

Welche Gefahr ist größer?

Der Kurzschluss ist deutlich gefährlicher:

  • Elektrische Brände
  • Beschädigte Elektronik/Batterien
  • Stromschlaggefahr

Daher gibt es Sicherungen und Leitungsschutzschalter: Sie öffnen den Stromkreis absichtlich, wenn ein Kurzschluss/Überstrom auftritt.

Absichtlich „offen“: Anwendungen mit geplantem Öffnen

Nicht jeder offene Stromkreis ist ein Fehler. Beispiele, wo das gewollt ist:

  • Schalter (manuell/automatisch):
    Auf „Aus“ wird der Pfad geöffnet – Strom stoppt (Wandschalter, Taster, Kippschalter, Relaiskontakte).
  • Sicherungen & Leitungsschutzschalter:
    Öffnen bei Überlast/Kurzschluss (Sicherung schmilzt, LS-Schalter löst aus und kann zurückgesetzt werden).
  • Relais & Schütze (normalerweise offen, NO):
    Im Ruhezustand offen; bei Ansteuerung schließen sie (Automotive, HVAC, Automation).
  • Not-Aus-Taster (E-Stop):
    Beim Drücken sofortiges Öffnen – Leistung zu Motoren/Aktoren/Steuerungen wird gekappt.
  • Thermoschalter & Temperatursensoren:
    Öffnen bei Überhitzung (z. B. PTC-Sicherungen/Rückstell-Sicherungen); manche resetten selbst, andere werden ersetzt.

Unbeabsichtigte offene Stromkreise verhindern

  1. Hochwertige Komponenten & Materialien:
    Gute Stecker, Leitungen, Lote; korrekte Leiterquerschnitte; PCBs von zertifizierten Fertigern (z. B. IPC-konform).
  2. Für Robustheit & Flexibilität konstruieren:
    Zugentlastung (Strain Relief) an Kabelenden/Lötstellen, keine scharfen Biegeradien, ausreichende Leiterbahn-Breiten/Abstände, flexible PCBs bei Bewegung/Engräumen.
  3. Saubere Lötprozesse:
    Korrektes Reflow-Profil, Flussmittel für bessere Benetzung/geringere Oxidation, Sicht-/AOI- oder Röntgenprüfung.
  4. In-Process-Tests & Inspektionen:
    AOI, Durchgangstests bei Handlötung, Flying-Probe/ICT in der Leiterplattenfertigung, abschließende Funktionstests.
  5. Schutz vor Umweltfaktoren:
    Conformal Coating bei hoher Luftfeuchte, dichte/wassergeschützte Stecker, Dielektrikfett an Klemmen (Automotive/Marine).

Für Industrie/Missions-kritische Systeme:

  • Regelmäßige Sichtprüfungen von Verdrahtung/Kontakten
  • Thermografie zur Erkennung thermisch belasteter Bauteile
  • Vibrations-/Stresstests für mobile Anwendungen
  • Logging & Frühwarnungen über smarte Sensorik

Grundsatz: Nicht nur reparieren, sondern wegkonstruierten – bessere Auslegung, Montage und Prüfung steigern Zuverlässigkeit, senken Kosten und erhöhen die Sicherheit.

FAQs

Was ist ein offener Stromkreis?
Eine Unterbrechung im elektrischen Pfad, die den Stromfluss verhindert. Spannung kann vorhanden sein, aber ohne geschlossenen Kreis fließt kein Strom.

Was verursacht offene Stromkreise?
Gebrochene Leitungen, gerissene Leiterbahnen, kalte Lötstellen, korrodierte Anschlüsse, getrennte Komponenten; Auslöser sind oft Umweltstress, Fertigungsfehler, mechanische Schäden.

Kann in einem offenen Stromkreis Spannung existieren?
Ja. Man kann an den offenen Punkten Spannung messen; ohne geschlossenen Pfad fließt jedoch kein Strom.

Wie finde ich einen offenen Stromkreis?
Mit dem Multimeter in Durchgangs- oder Ohm-Modus: „OL“ oder unendlicher Widerstand = offen. In der Produktion helfen AOI, Flying-Probe oder Röntgen.

Unterschied zwischen offenem und Kurzschluss?
Offen: unendlicher Widerstand, kein Strom. Kurz: fast kein Widerstand, übermäßiger Strom → Risiko von Schäden/Brand.

Sind offene Stromkreise gefährlich?
Meist nicht unmittelbar – Geräte funktionieren nur nicht. In kritischen Systemen kann es aber sicherheitsrelevant sein. Kurzschlüsse sind deutlich gefährlicher.

Entstehen offene Stromkreise mit der Zeit?
Ja, z. B. durch Korrosion, Vibration, Temperaturzyklen, Alterung – insbesondere in rauer Umgebung.

Wie verhindere ich offene Stromkreise?
Hochwertige Materialien, saubere Lötung, Umweltschutz, mechanisch robuste Konstruktion; regelmäßige Tests und Wartung.

Fazit

Offene Stromkreise wirken einfach, haben aber große Praxisrelevanz: teils gewollt (Schalter, Schutz), oft ungewollt (Kabel-/Löt-/PCB-Probleme). Wer versteht, was ein offener Stromkreis ist, wie er sich verhält und wo er auftritt, kann diagnostizieren, vorbeugen und zuverlässiger konstruieren – ob als Hobbyist, Techniker oder Elektronik-Fertiger.

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